Bürgermeister Berthold Bültgerds in Not
von Jens Keblat
Foto: Jens Keblat
Zum Glück nur eine Übung: Wettringens Bürgermeister Berthold Bültgerds wird mit der Leiter aus dem Rathaus befreit.
In Zeiten vielerorts klammer Kommunalhaushalte gibt es wohl kein stärkeres Symbolbild, als einen Bürgermeister, der aus dem Fenster seines Rathauses zu springen droht.
Doch am vergangenen Samstagnachmittag ging es in den Räumen der Gemeindeverwaltung an der Kirchstraße nicht um Finanzen, sondern um die Feuerwehr – genauer: die alljährliche Gemeinschaftsübung der Freiwilligen Feuerwehren von Wettringen und Neuenkirchen. Und die unmittelbar vor einem Generationenwechsel stehende Wettringer Wehrführung ließ es sich nicht nehmen, dieser Übung einen besonderen Clou zu verleihen: Nicht nur einen zum Absprung bereiten Bürgermeister in der Hauptrolle unter den Verletztendarstellern, sondern auch die Nachbarwehr, die den hilflosen Hauptverwaltungsbeamten aus seiner misslichen Lage rettet.
Doch der Reihe nach: Gegen 16 Uhr am Samstagnachmittag rückten zuerst die Wettringer Wehrleute zum Rathaus aus und trafen dort zunächst den für sie zuständigen Ordnungsamtsleiter Dietmar Roling – mit keinem guten Lagebild aus dem Rathaus: „Aufgrund eines technischen Defekts ist es zu einem Brand gekommen“, erklärt Wehrführer Christoph Remki das Szenario. „Kein großes Feuer“, sagt er, doch „das ganze Obergeschoss ist verraucht“. Ein mehr als realistisches Bild. Ebenfalls nicht unwahrscheinlich: „Gleich zwei Ausschusssitzungen gleichzeitig“, so Remki weiter. Macht in Summe zehn Verletzte und Betroffene – darunter auch Bürgermeister Berthold Bültgerds. Remki: „Man hat erst keinen gesehen, aber dann hing jemand am Fenster und man sah, dass es unser Bürgermeister war – und der wollte auch schon fast springen.“
Nach der Übung wurden deren Verlauf und die Lehren daraus auf dem Rathaus-Vorplatz besprochen.
Die Wehrleitungen waren sehr zufrieden.
Doch das Manuskript zu dieser Übung sah es vor, dass die eigene Feuerwehr mit der Rettung der allermeisten Personen bereits voll ausgelastet war. Deshalb entfiel diese Aufgabe ebenso wie die Einrichtung einer ausreichenden Wasserentnahme aus der nahe gelegenen Steinfurter Aa auf die Neuenkirchener Wehr. Und die packte beherzt zu, stellte ruckzuck eine tragbare Leiter an die rückwärtige Fassade des Rathauses und kam dem für einen kurzen Moment gänzlich hilflosen Bürgermeister zur Hilfe. Binnen weniger Augenblicke und nach kurzer Anleitung gelang Bültgerds der sichere Abstieg aus dem Rathaus. Ob es der erste Notausstieg in seiner Laufbahn war? „Tatsächlich ja“, sagte Bültgerds und hofft nun, dass es auch der letzte war. Außerdem ließ er wissen, dass er sich auch in den Händen der Nachbarwehr zu jeder Zeit sicher gefühlt habe und bedankte sich dafür bei seinen Rettern per Handschlag.
Nach seiner „Rettung“ dankte Berthold Bültgerds (2. v. r.) seinen Helfern der Feuerwehr.
Was man bei dieser Übung noch sehen konnte: „Ganz besonders freue ich mich, dass vier der acht oder neun Anwärter für 2024 heute erste Feuerwehr-Luft geschnuppert haben“, sagte Wehrführer Remki. Auch sie dienten der Übung als Verletztendarsteller und konnten sich bereits mit der Atmosphäre so einer Blaulicht-Situation vertraut machen. Insgesamt zeigten sich sowohl Wettringens Wehrführer Christoph Remki als auch dessen Amtskollege Ralf Stoltmann aus Neuenkirchen mit dem Verlauf und den Lehren aus dieser Übung am Ende sehr zufrieden. „Für uns ist das eine wichtige Veranstaltung“, machte Remki deutlich, während Stoltmann versprach: „Natürlich machen wir das im nächsten Jahr wieder bei uns.“