Wenn eine lange Leitung wichtig wird
80 Freiwillige Feuerwehrleute üben interkommunal: Im Wettringer Industriegebiet lag der Fokus darauf, die ortsübergreifende Zusammenarbeit zu optimieren.
Von Jens Keblat / MV
Einblicke und erste Praxiserfahrungen sammelten mehrere Anwärter der Neuenkirchener Wehr nach bestandener Prüfung bei ihrer ersten Großübung. | Foto: Jens Keblat
Taktik, Technik und Teamwork – und zwar interkommunal, über Ortsgrenzen hinweg: Regelmäßig rücken die freiwilligen Feuerwehren aus Neuenkirchen und Wettringen zu gemeinsamen Übungen aus. Am Samstag waren dafür rund 80 Freiwillige im nördlichen Industriegebiet im Einsatz.
Eigentlich sollen die regelmäßigen Übungen vor allem eines sein: eine bestmögliche Vorbereitung auf etwas, das sich niemand wünscht. Doch am vergangenen Samstag war das ein wenig anders, denn ein Großbrand im nördlichen Industriegebiet des „Hiärtkens“ ist für die engagierten Frauen und Männer der Wettringer, aber auch der Neuenkirchener Wehr seit dem Großbrand bei der Firma „Brentwood“ Ende August 2024 längst ein sorgfältig nachbereiteter Erfahrungswert geworden. Umso wichtiger deshalb, für mögliche künftige Ereignisse noch besser vorbereitet zu sein.
Deshalb ging es im Rahmen der Gemeinschaftsübung der Feuerwehren zur Firma Sinusverteiler am Dieselweg. Ziele der Übung: eine noch bessere Einsatzvorplanung, ein Kennenlernen der örtlichen Gegebenheiten, die Intensivierung der Zusammenarbeit und die Übung des Einsatzes einer durchaus besonderen Infrastruktur, die im Einsatz entweder ein echter „Gamechanger“ oder auch eine Achillesferse für die Wehrleute sein kann: eine Steigleitung von der Wettringer Aa ins Industriegebiet.
Augenmerk auf Wasserversorgung
Ein unscheinbares, allenfalls dekoratives Schild an der Händelstraße markiert den Startpunkt der Steigleitung am Fluss, der bei einem Großbrand im Industriegebiet essenziell sein kann: „Feuerwehrzufahrt – ständig freihalten“, steht darauf. Was die Leitung ermöglicht, erklärt der stellvertretende Wehrführer Thomas Henrichsmann so: „Besonderes Augenmerk liegt für uns heute auf der Wasserversorgung, weil ganz klar: Wir hatten ja dort einen Einsatz und haben dabei gemerkt, wie wichtig das Wasser war.“ In Kombination mit einer mobilen Pumpe der Wehr liefere die Leitung bei zehn bar Pumpenausgangsdruck etwa 1.500 Liter Wasser pro Minute zur Brandbekämpfung – doch nicht sofort: „ Wir haben da eine 150er Leitung bei 480 Metern Wegstrecke. Somit sind wir bei etwa 8.000 Liter Wasser, die die Leitung erstmal benötigt, um gefüllt zu werden, damit oben nicht nur Luft rauskommt“, weiß Henrichsmann.
Wertvolle Minuten Vorlauf, die die Wehrleute wie auch bei der am Samstag trainierten Verpuffung durch Schweißarbeiten als Brandursache erst einmal mit den Fahrzeugstanks und dem Unterflurhydranten im Dieselweg überbrücken mussten. Deshalb sei es auch taktisch wichtig, diese Wasserversorgung bei einem Brandereignis sofort vorzubereiten. Geübt wurde an der Steigleitung sowohl von Wettringer als auch von Neuenkirchener Feuerwehrleuten. All das passierte, während Einsatzkräfte mit Atemschutzgeräten (Pressluftatmer) im Gebäude die Rettung von Personen übten – mit menschenschweren Puppen – und die Kameraden an mehreren Punkten löschten. Die Nachricht am Ende der Übung: „Die Steigleitung ist dicht und funktioniert. Wir verlassen uns sehr auf sie“, erklärt Henrichsmann weiter.
Während der Löscharbeiten rückten die Wehren mit Atemschutz zur Personenrettung in die Firmenhallen vor. | Foto: Jens Keblat
Während Neuenkirchens Feuerwehr-Chef Ralf Stoltmann bei einer musikalisch begleiteten Nachbesprechung die gute Zusammenarbeit der Wehren lobte und von einer unerwartet guten Beteiligung sprach – zahlreiche Neuenkirchener Anwärter hatten erst wenige Stunden zuvor ihre schriftliche Prüfung bestanden und erlebten so direkt ihre erste größere Übung, erkennbar am grünen Helmstreifen – war es für Wettringens Wehrführer Christoph Remki bekanntlich die letzte Gemeinschaftsübung in dieser Funktion: „Das war eine tolle Gemeinschaftsarbeit“, bedankte er sich bei allen und lud zu Kaltgetränken ein.
Währenddessen waren die menschenschweren und erfolgreich geretteten Puppen der Wettringer Wehr in einem Neuenkirchener Fahrzeug gelandet – prompt wurde um sie im Rahmen gepflegter Rivalität gefeilscht. Das gehörte bei aller guten Zusammenarbeit dazu.
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